Gestern Abend fand ein von der Liberalen Hochschulgruppe (LHG) organisierter Vortrag mit anschließender Podiumsdiskussion zum Thema Onlinedurchsuchung statt. Als Redner angekündigt waren Constanze Kurz vom CCC aus Berlin, Clemens Binninger von der CDU, sowieso Hartfrid Wolff und Patrick Meinhardt von der FDP. Letzterer konnte leider nicht kommen, aber nichts destotrotz war es natürlich eine starke Besetzung.
Alles in allem war es ein sehr interessanter Abend, vor allem auch deshalb, weil nicht nur Stimmen gegen Onlinedurchsuchung zur Sprache kamen, sondern mit Clemens Binninger auch ein Befürworter der Onlinedurchsuchung. Dies führte zu teilweise sehr kontroversen und hitzigen Diskussionen.
Gerade die Tatsache, dass das Publikum größtenteils aus technisch sehr versierten Leuten bestand passte irgendwie nicht zu Herrn Binninger. So kam es mehrfach vor, dass das Publikum aufgrund der Naivität seiner Aussagen lachen musste, was er natürlich gar nicht nachvollziehen konnte. Generell konnte man allerdings bei den Aussagen von Herrn Binniniger recht häufig einfach nur noch mit dem Kopf schütteln. Die schönste Szene war in meinen Augen, als Herr Binninger das Publikum fragte, ob sich denn irgendjemand durch die bestehenden Gesetze in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt fühlen würde. Zweifelsohne hatte er mit kollektivem Kopfschütteln gerechnet und umso erstaunter war er, als als Antwort der meisten Zuhörer ein entschiedenes JA kam. Daraufhin forderte er diejenigen die ja gesagt hatten auf ihm im Anschluss der Veranstaltung zu erklären, wo sie sich denn eingeschränkt fühlen würden. An sich ja eine nette Geste. Im Anschluss der Veranstaltung scharrten sich dann auch etliche der Zuhörer um Herrn Binninger um ihm darzulegen wo sie sich in ihren Augen eingeschränkt fühlen und um noch ein bisschen mit Herrn Binninger zu diskutieren. Aber statt dass er die Argumente der Zuhörer anhörte und so annahm versuchte er _jedes_ Argument zu widerlegen. Na ja, ich will auch gar nicht mehr sonderlich viel zu Herrn Binninger schreiben, wobei man da echt noch seitenweise schreiben könnte. Im Endeffekt meint er es ja auch nur gut, aber es fehlt irgendwie ein wenig die Fantasie was man denn negatives mit den Daten machen könnte. Denn je brisanter die Daten, desto brisanter auch wenn da irgendwas schiefläuft.
Ich kann nur jedem raten der ihn mal live zu Gesicht bekommen kann: Nutzt die Gelegenheit und hört euch an was Politiker doch teilweise für Meinungen vertreten.
Positiv überrascht war ich hingegen von Hartfrid Wolff. Das war der erste FDP-Politiker der mir mal richtig sympatisch war. Er vertrat den gesunden Standpunkt das Onlinedurchsuchung einerseits unnötig und andererseits gefährlich sei, da sie prinzipiell einer heimlichen Hausdurchsuchung (auf den Computer des Betroffenen bezogen) gleichkomme, bei der persönlichste Daten ohne das Wissen des Betroffenen in die Hände Dritter geräten.
Zu Constanze Kurz ist eigentlich nicht viel zu sagen, dass sie als “Abgesandte” des CCC sowieso schon aus Prinzip die richtigen Standpunkte vertritt. 🙂
Weiterhin hat mich positiv überrascht, dass auch einige ältere Leute unter den Zuhörern anwesend waren. Bei Vorträgen im Rahmen der Universität keine Selbstverständlichkeit. Mit einem dieser älteren Herren unterhielt ich mich nach der Veranstaltung noch ein wenig und wir kamen überein dass die aktuelle politische Lage auch zu großen Teilen ein gesellschaftliches Problem ist. Denn in unserer heutigen Gesellschaft wird immer unachtsamer mit Datenschutz und Freiheit umgegangen und wie Constanze auch während der Podiumsdiskussion aus eigener Erfahrung erwähnte mangelt es vor allem Jugendlichen heutzutage einfach an Sensibilität für diese Themen.
Und wie man diese Sensibilität wieder herstellen kann ist in meinen Augen die wichtigste Frage. Denn was ist eine Demokratie in der sich die Bürger nicht auch für Freiheit und das Recht auf informelle Selbstbestimmung einsetzen? Die Politiker haben zu diesen Themen ja anscheinend teilweise eine ganz andere Sichtweise.
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